Reisebericht Flottille 2020



Die „Wilde 13“ startete mit drei Booten in Breege auf Rügen.

Für dieses Jahr wurde im November 2019 eine Flotille mit 24 Seglern auf vier Booten geplant. Corona-bedingt reduzierte sich die Anzahl der Teilnehmer auf immerhin 13 wagemutige coronaresistente Männer und Frauen. „Dürfen wir fahren? Dürfen wir nicht?“ Wir dürfen nicht – und im Mai wird die Veranstaltung abgesagt. Zwei Tage später stellt ein findiger Jurist in Mecklenburg-Vorpommern klar, „Schiffe / Boote gelten als nicht öffentlicher Raum“. Damit entfällt die Haushaltsbeschränkung für die Besatzungsmitglieder. Nach kurzer Absprache steht fest, dass die „wilde 13“ mit drei Booten in Breege auf Rügen startet. Ob wir nach Swinemünde segeln können, ist zu dieser Zeit noch unklar. Die Frage, ob der Wind mitspielt ist heuer dabei nicht die wichtigste. Sind die Häfen geöffnet? Können wir in Polen einreisen? Fragen über Fragen.
Die Crews einigen sich im Vorhinein untereinander über das abstandswahrende Miteinander. Da die Boote nur mit vier bzw. fünf Personen belegt sind, ist das wesentlich leichter zu handhaben als bei voller Besatzung mit sechs Seglern/innen. Aber das Wichtigste ist doch: Am 13. Juni geht es nach Breege.
Die Boote werden nachmittags übernommen und bezogen. Der Proviant wurde schon auf der Anreise eingekauft. Gewusel auf dem engen Steg. Die Skipper verständigen sich, den Abend und die Nacht noch in Breege zu verbringen und lieber am Sonntag relativ früh, die Leinen loszuwerfen. Der erste Grillabend fällt damit aus. So bleibt aber genügend Zeit für die Sicherheitseinweisung der Crews und die Vorbereitung auf den weiteren Verlauf der Reise. Zum Glück wurden am Freitag dieser Woche die Häfen in Polen geöffnet, so dass wir die ursprüngliche Tourenplanung wieder aufnehmen können. Aber wie sieht es mit den sanitären Einrichtungen aus? Sind die Toiletten geöffnet und kann man duschen? Lassen wir uns überraschen – ändern können wir eh nichts.
Sonntag: Um 10 Uhr verlassen die „Hugo“, die „Angelique“ und die „Bärbel“ den Hafen von Breege und motoren bis zur Tonne „Nils Grund“, dann werden die Focksegel gesetzt und bei frischem Nord-Ost-Wind geht es flott südwärts Richtung Stralsund. Das erste Anlegemanöver im City-Yachthafen gerät bei diesem Wind etwas holprig, aber wir machen das ja auch nicht täglich. Und versprochen, es wurde deutlich besser. Bei bestem Sommerabendwetter ein Rundgang durch die Altstadt. Das Ozeaneum mit seiner modernen auffälligen Fassade direkt am Hafen ist aber schon geschlossen.
Montag: Es heißt früh aufstehen, nur Katzenwäsche, das Frühstück muss warten. Wir wollen die erste Brückenöffnung der Stralsund-Brücke um 8 Uhr erwischen. Unter Motor klappt das hervorragend. Ab Tonne 19 werden die Segel gesetzt, nur der Wind spielt sehr mäßig mit. Da hilft alles Kreuzen nichts. Unter Motor laufen wir in Kröslin ein. Bei schönstem Wetter werden die zwei von Philip und Lisa mitgebrachten Stand-up-Paddelboards aufgepumpt und ausprobiert. Währenddessen wird der traditionelle Grillabend vorbereitet. Beim Schwirren der Mücken im Sonnenuntergang schmecken Wurst, Fleisch und Salate sehr gut, das eine oder andere Bier auch.
Dienstag: Heute können wir ausgeschlafen aufstehen, uns frisch machen und frühstücken. Bis zur Brücke bei Wolgast ist es nicht weit. Nach dem Passieren der Brücke werden die Segel gesetzt. Der Motor muss bei schwachem Wind gelegentlich helfen. Heute Abend ankern wir in Sichtweite der alten Hubbrücke nach Peenemünde im Usedomer Winkel. Auch hier schwirren die Mücken, aber die Anker halten.
Mittwoch: Nach dem Frühstück geht es unter Motor in das Stettiner Haff. Um 13 Uhr stoppen wir die Maschine bei totaler Flaute und gehen bei eitel Sonnenschein mitten im Haff baden. Nur kurz versuchen wir danach zu segeln. Es hilft nichts, wir müssen wieder motoren. Gegen Nachmittag frischt der Wind auf. Wir segeln und machen einen Extraschlag, bevor wieder unter Motor in den Kaiserkanal Richtung Swindemünde einlaufen. Nach dem Anleger im Yachthafen mit „alle Mann“ in die City. Die Restaurants haben zwar geöffnet, bieten aber kein Essen an, schon gar nicht für eine größere Gruppe. Nach dem Abendessen an Bord relativ früh in die Kojen, denn morgen steht uns ein Ritt von ca. 55 Seemeilen bevor.
Donnerstag: Mal wieder früh aufstehen, ohne Dusche und Frühstück. Um 8 Uhr verlassen wir Swinemünde. Bei 4-5 Windstärken aus Nordost machen wir 6-7 Knoten Fahrt mit Kurs auf die Nordostecke von Rügen, auch „Königstuhl“ genannt. Um 15 Uhr haben wir genug Höhe und können jetzt auf Westkurs 270° gehen. Kurz vor Lohme bergen wir die Segel. Um halb 7 Uhr liegen wir fest im kleinen Hafen von Lohme – ein bisschen fertig, aber glücklich.
Freitag: Heute ist der erste Tag ohne Sonnenschein – eine neue Erfahrung auf diesem Törn. Abstandswahrendes Gruppenfoto auf der Treppe mit und ohne Masken. Der Wind weht nur mäßig mit 2-3 Stärken aus Nordost und wir brauchen den Motor, um flott Richtung Kap Arkona und die Einfahrt in die Bodden zu kommen.
Die „Hugo“ und die „Bärbel“ nutzen einen Zwischenstopp in Vidde auf Hiddensee zum Tanken, während die „Angelique“ abbiegt und direkt Breege ansteuert. Nach dem Tanken kann die „Bärbel“ nach der Fahrwasserkreuzung bei „Michaels Höhe“ bei mäßigem Wind hoch am Wind segeln und nach Breege fahren. Es reicht bis kurz vor die Hafeneinfahrt von Breege. Kurz nach 20 Uhr fest in Breege. Heute Corona-bedingt kein geselliger Abend zum Abschluss der Tour.
Sonnabend: Schiff aufklaren, zu gut Deutsch aufräumen, die Sachen an Land bringen und in den Autos verstauen. Um kurz nach elf Uhr sind die Boote zurückgegeben und die Heimreisen werden angetreten. Jetzt regnet es heftig. Petrus weint zum Ende des Törns große Tränen.

Ich danke Nils für die Idee zu dieser Flottille und Ulf und Daniel für die Planung.
Uwe Holzweißig
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